Wir brauchen ein solidarisches Europa! – Europa braucht Solidarität.

Nicht nur der Euro als Währung sondern Europa steht in der Negativ-Diskussion. Ob es die Bilder vom Taksim-Platz, die Meldung zur Abschaltung der griechischen Rundfunk- und Fernsehsender, Bilder von verzweifelten Flüchtlingen sind oder schlicht und ergreifend die bloßen Zahlen, dass in einigen EU-Staaten über 50% der jungen Menschen arbeitslos sind; die soziale Spaltung in Europa vertieft sich, der Protest darüber und die Konflikte verschärfen sich.
Diese bewusst in Kauf genommene Entsolidarisierung ist kein zwangsläufiger Prozess, welcher im Prozess der europäischen Einigung unumgänglich gewesen sei – nein, es ist Teil einer Politik der EU Regierenden, der Troika. Internationaler Währungsfonds, Europäische Kommission und Europäische Zentralbank. Es ist Teil einer Politik, die wie Gabi Zimmer auch auf dem Dresdner Parteitag sagte: „…die auf eine brutale Kürzung der öffentlichen Ausgaben für Bildung, Gesundheit, soziale und ökologische Mindeststandards zielt, die Demokratie abbaut und Repressionen zuspitzt. Eine Politik, die soziale Einschnitte bringt und das Recht auf Information, kulturelle und demokratische Teilhabe der Menschen von einer Minute auf die andere einfach abschalten kann… Soziale Verwerfungen, die Zunahme von Rassismus, Nationalismus, Hass gegen Anderslebende, ethnische und religiöse Minderheiten werden in Kauf genommen.
Das Projekt Europa hat wahrlich kein Paradies hervorgebracht und wir LINKEN sind auch harte Kritiker und Kritikerinnen der Europäischen Union in ihrer heutigen Form. Aber das europäische Projekt hat auch politische Stabilität geschaffen, eine Stabilität, die angesichts nationalstaatlich geprägter Interessen und der Spaltung Europas in Zentrum und Peripherie ohne die Besinnung auf die europäische Integration zunehmend erodiert. Wir als Linke müssen darum kämpfen, dass der Weg der europäischen Integration nicht verlassen wird.
Bei all der Diskussion, die sich vornehmlich auf den Euro stützt bzw. den Ausstieg aus dem Euro, stellt sich gleichzeitig die Frage nach der wirtschaftlichen Integration und damit verbunden zwangsläufig die Frage nach der europäischen Einigung als politisches Ziel, welche bei diesen Gedankenübungen in Frage gestellt wird.
Eine Rückwärtsrolle hin zur Nationalstaatlichkeit würde keineswegs alle Probleme beseitigen – „kein Mitgliedsland der EU wäre alleine im Stande, ökologische Probleme wirksam anzugehen. Ebenso wenig wäre eine Energieversorgung noch auf nationaler Ebene sicher zu stellen. Auch die begrenzten Vorräte an Rohstoffen erfordern eine Form der Kooperation, zu der Nationalstaaten nicht fähig sind. Wirksame Regulierungen der Finanzmärkte sind im Zeitalter des Internets nicht mehr im Rahmen von Nationalstaaten durchsetzbar. Der Aufbau sozialer Gerechtigkeit und die Überwindung von Armut sind europäische Aufgaben.“1 Der Zerfall der Wirtschafts- und Währungsunion würde die Bürgerinnen und Bürger in der Europäischen Union treffen und zwar vor allem diejenigen, die bereits an Lebensstandards durch die Krise eingebüßt haben bzw. über geringe Sozialstandards verfügen. Anstatt einer Ausstiegsdiskussion brauchen wir verstärkt die Diskussion und Forderung nach einer funktionierenden Währungsunion und einer Sozialunion, die auf die EU-weite Kooperation baut und sich vor allem der Verbesserung der ökologischen und sozialen Lebensbedingungen widmet. Nur so kann der europäische Einigungsprozess als europäisches Friedensprojekt fortgeführt werden. Die parteipolitische und gesellschaftliche Linke würde daher mit der Option für eine ökonomische Desintegration auch ihre friedenspolitische Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzten. Dazu haben wir uns auf dem Parteitag in Dresden mit Verabschiedung des Wahlprogramms für die Bundestagswahl klar bekannt. Wir dürfen auch in unserer Praxis nicht dahinter zurück bleiben, denn Europa geht uns alle an.
1 L.Bisky, C.Ernst, T.Händel, J.Klute, H.Scholz, G.Zimmer: „Es geht mehr als den Euro: Die Linke muss die europäischen Einigung verteidigen!“
Dr. Cornelia Ernst MdEP/Susanna Karawanskij, erschienen in Sachsens Linke Juli 2013
Bildquelle: http://jefbelgium.eu