100 Jahre nach dem 1. Weltkrieg – Wirklich nichts gelernt?
Als ich im Urlaub im Osloer Friedensnobelpreis-Center war, stieß ich auf eine Ausstellung zum 1.Weltkrieg. Die Folgen des Giftgaskrieges wurden gezeigt mittels vieler Originalaufnahmen. Die Sinnlosigkeit des Krieges zog sich als Idee durch die Ausstellung.
Schaut man in die heutige Welt, könnte man glauben, es wurde nichts gelernt aus dem Desaster der beiden Weltkriege und dem kalten Krieg danach. Jede Nachrichtensendung beginnt heutzutage mit Kriegsmeldungen. Krieg in der Ostukraine, Krieg in Israel-Palästina, Krieg im Irak, wenn noch Zeit ist Krieg in Syrien. Wie damals wird in Schwarz-Weiß-Bildern kommentiert, Gut und Böse, schuldig und unschuldig. Wie damals werden einseitig die für Alles und Jedes schuldigen Schurken ernannt. Wie damals leidet die Zivilbevölkerung in unbeschreiblichem Maße darunter, Tote, Verletzte und Vertriebene sind am meisten Frauen, Kinder, Alte. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Es scheint als sei Krieg unvermeidlich. Kein König, aber immerhin ein Bundespräsident fordert sogar mehr „Verantwortung“ von dieser Republik und meint mehr Militär. Die alte Leier. Nach Kriegsursachen wird nicht gefragt.
Dabei ist der „Westen“ beileibe kein Unschuldslamm. Seine halbherzige Politik im gesamten Nahen Osten hat ernst zu nehmende Konfliktlösungen ins Labyrinth der Machtinteressen verwiesen. Auch über den Irak müssen wir nicht philosophieren. Das dortige Chaos ist durch die verheerende Politik der USA und ihrer Verbündeten perfektioniert. Und der Schlamassel in der Ostukraine lässt sich eben auf den bösen Putin nicht beschränken. Hier hat die EU glatt versagt, indem sie mit einem die Lage in der Ukraine verkennenden Assoziierungsabkommen politische Erpressung beging, um die Ukraine aus der „russischen Phalanx“ herauszuboxen. Mit dem Ergebnis, dass die Krim wieder russisch ist und der neu gewählte ukrainische Präsident mit Waffengewalt und Duldung rechtsextremer Kräfte in der Ostukraine „aufräumt“.
Ja, Putin hat auch eigene Großmachtinteressen, besonders in Bezug auf Syrien und die Ukraine. Dennoch lassen sich die Ursachen für die Auseinandersetzungen darauf nicht reduzieren. Die Konfrontation mit Russland birgt die Gefahr eines neuen kalten Krieges in sich und ist eine große politische Dummheit.
Fakt ist aber, viele der genannten Konflikte sind über Jahrzehnte ungelöst geblieben, Vermittlungsversuche verliefen im Sand, ein Eldorado für radikale Kräfte.
Der EU, die sich immer als Friedensprojekt feiert, täte es gut, statt Waffenexporte in diese Krisenregionen zu forcieren, als Mittlerin zu agieren, ohne sich vor den USA in den Sand zu werfen. Das hätte tatsächlich etwas mit Verantwortung zu tun. Der seitens der EU fehlende Ausgleich der Interessen insbesondere innerhalb Europas hat längst zu Schieflagen geführt, die übrigens auch in einem schon apokalyptischen Russenhass münden, was die Chance auf Konfliktlösungen in der Welt deutlich verringert. Hundert Jahre nach Beginn des 1. Weltkrieges ist die EU außenpolitisch in einem gefährlichen Gewässer.
Cornelia Ernst, erschienen in Links! September 14
* Bildnachweis: flirckr.com/Dr_Case