Linker Stabwechsel an der Seine. Kongress der Europäischen Linken in Paris
Parteitag der Europäischen Linken wählte Pierre Laurent an die Spitze. Aktionsplattform für Widerstand und Alternativen in Europa beschlossen
Quelle: Neues Deutschland, 6.12.2010, von Uwe Sattler
Zum Abschluss ihres dreitägigen Kongresses nahmen die Delegierten der Partei der Europäischen Linken am Sonntag in Paris eine »Gemeinsame Aktionsplattform für Widerstand und Alternativen in Europa« an. Zuvor war der Vorsitzende der Kommunistischen Partei Frankreichs, Pierre Laurent, an die EL-Spitze gewählt worden. Der neuen Führung gehören drei Vertreter aus Deutschland an.
»Es ist Zeit zum Handeln«, rief der neue Vorsitzende der Europäischen Linkspartei, der französische KP-Chef Pierre Laurent, in seiner Abschlussrede die 380 Delegierten auf. Drei Tage hatten die Vertreter der nunmehr 37 Mitglieds- und Beobachterparteien der EL in Paris auf ihrem 3. Parteikongress über die künftige Strategie beraten, eine »Gemeinsame Aktionsplattform für Widerstand und Alternativen in Europa« beschlossen und die Parteispitze neu gewählt.
In seiner Rede betonte Laurent, dass die Staaten »aus der Abhängigkeit der Finanzmärkte befreit« werden müssten. Die jahrelange ultraliberale Logik der Regierungen habe letztlich zur schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise seit Jahrzehnten geführt. Der Kampf gegen die Allmacht der Finanzmärkte sowie für soziale Mindeststandards und die demokratische Neubegründung Europas ist zentrale Aufgabe in dem verabschiedeten Aktionsprogramm. Gegenüber ND kündigte Laurent schnelle Initiativen zur Schaffung eines europäischen Fonds für soziale Entwicklung sowie zur Besteuerung spekulativer Finanztransaktionen an. Dazu wolle die EL auch die im Lissabon-Vertrag vorgesehene Bürgerinitiative nutzen, mit der die EU-Kommission zum Handeln in den für die Menschen wichtigen Fragen bewegt werden soll.
Neben Laurent gehören der engeren EL-Führung nunmehr zwei Stellvertreterinnen von Linksparteien aus Portugal und Spanien sowie zwei Vize-Parteichefs aus Griechenland und Moldova an. Um die neue Parteispitze war lange gerungen worden. Erst kurz vor dem Wahlgang am Sonntagmittag hatte sich der Rat der Parteivorsitzenden auf die Variante ein Vorsitzender, vier Stellvertreter geeinigt. Vor allem die französische Seite hatte gegen die vom bisherigen EL-Vorsitzenden Lothar Bisky favorisierte Doppelspitze aus einer Frau und einem Mann opponiert.
In seiner Abschiedsrede auf dem Pariser Kongress hatte Bisky eine kritische Bilanz seiner zweijährigen Amtsperiode gezogen. Er beklagte insbesondere die Lähmung der EL wegen Differenzen in Einzelfragen. Dabei gebe es in den wesentlichen Fragen des Kampfes um ein soziales, friedliches und demokratisches Europa weitgehende Übereinstimmung. Auch Oskar Lafontaine, der mit Bisky an der Spitze der deutschen LINKEN stand, warnte in seinem Redebeitrag vor einer Zersplitterung der europäischen Linken. Die Einheit werde jedoch gebraucht, um den Banken das Budgetrecht, das diese den Parlamenten entrissen hätten, wieder abzunehmen. Die Linke müsse sich dafür einsetzen, die Banken in staatliche Hand zu überführen.
Dem neuen EL-Vorstand gehören von der deutschen LINKEN Claudia Haydt sowie erneut Helmut Scholz an. Scholz, der seit Jahren am Aufbau der EL mitwirkt, rückte für den eigentlich nominierten Diether Dehm nach, der in Paris als Schatzmeister kandidierte und gewählt wurde. Offensichtlich hatten sich einige Mitglieder der zwölfköpfigen LINKE-Delegation von dem Vorstoß übergangen gefühlt. Als Kompromiss einigte man sich nach kontroversen Beratungen schließlich darauf, dass die Delegation faktisch weiter bestehen soll und »ihren Beitrag zu einem geschlossenen Wirken der Europäischen Linken im Rahmen der Parteibeschlüsse leistet«.
Nachlese vom EL-Kongress (Quelle: DIE LINKE)
1. Rede Lothar Bisky, 3. 12.2010
http://www.lothar-bisky.de/kat_reden_detail.php?v=289
2. Rede von Klaus Ernst (video), 3.12.2010
http://www.youtube.com/watch?v=_NDv3vhZkAw
2. Rede Oskar Lafontaine (video), 4.12.2010
http://www.youtube.com/watch?v=UwL46OA4h8A
3. ND-Bericht
http://www.neues-deutschland.de/artikel/185789.jahrmarkt-in-la-defense.html
4. ND-Interview mit dem neuen Vorsitzenden Pierre Laurent
5. Grundsatzfragen von der jw beleuchtet
http://www.jungewelt.de/2010/12-06/020.php
6. Pressemeldung mit den Wahlergebnissen und dem Bürgerinitiative-Projekt der EL
„Ziel der Initiative soll die Schaffung eines „Europäischen Fonds für soziale Entwicklung“ sein … der öffentliche Investitionen zur Beschäftigungssicherung, Bildung, Forschung, sinnvolle Infrastrukturprojekte und Verbesserungen im Umweltschutz fördert. Das Geld dafür soll von der Europäischen Zentralbank kommen.“http://die-linke.de/nc/die_linke/nachrichten/detail/zurueck/aktuell/artikel/3-kongress-der-partei-der-europaeischen-linken-1/
7. Das beschlossene Action Program und Motions zu einzelnen politischen Themen werden Schritt für Schritt auf www.europena-left.org eingestellt. Hier die neue Führung der EL – http://www.european-left.org/nc/english/home/news_archive/news_archive/zurueck/news-archive/artikel/el-elects-new-president-and-vice-chairpersons/
Vorsitzender: Pierre Laurent, Generalsekretär der FKP
Stellvertretende Vorsitzende: Alexis Tsipras, (Vorsitzender vom Synaspismos, Griechenland), Marisa Matias (MEP, Linksblock, Portugal); Grigori Petrenco (Mitglied des Exekutivkomittees der KP Moldawiens); Maite Mola (Leiterin Internationale Beziehungen der KP Spaniens
Schatzmeister: Diether Dehm (MdB, Vorstandsmitglied Die Linke, Deutschland).